Shawn Mendes: Kreischkonzert zu Songwriter-Geschichten

Konzertkritik: Shawn Mendes in Zürich
Bildquelle: 
Bäckstage / © Seraina Thuma

Fast pünktlich um 20.00 Uhr verdunkelte sich das Hallenstadion und verwandelte sich für zwei Stunden in einen Pop/Rockmusik-Kessel, gefüllt mit einem Schuss Gänsehaut, vereinzelten Herzluftballons und viel Gekreische. Shawn Mendes verlieh dem Mix die extra-süsse Note und wurde unter tosendem Applaus empfangen, als er durch den Bühnenboden die Stage betrat und das Konzert mit «There’s Nothing Holdin‘ Me Back» eröffnete.

 

Magie in der Limmatstadt

 

«Zürich ist eine magische Stadt, ich hoffe, ihr spürt diese Magie heute Abend.» Mit diesen Worten wendete Shawn sich kurz darauf ans Publikum. Der 18-Jährige Kanadier fuhr fort: «Ich kann es manchmal kaum glauben, dass ich mit dem, was ich mache, mein Leben leben kann. Mit der Grösse der Shows verlieren die Konzerte aber ihre Intimität. Ich brauche heute eure Hilfe, damit wir erleben, dass 9000 Personen in einer Konzerthalle nicht bedeuten, dass die Intimität verloren geht. Mein nächster Song ist super wichtig für mich, meine Hände zittern sogar.» So zupfte der sympathische Junge aus Toronto die Saiten seiner Gitarre und sang – zusammen mit seinen textsicheren Fans – den Song «A Little Too Much». Die ersten Handylichter leuchteten auf den Rängen und sahen einem Sternenhimmel ähnlich. Die Magie breitete sich allmählich aus.

 

Passend zu diesem Sternenhimmel war der riesige Ball, der über einer kleineren, separaten Bühne im hinteren Bereich der Halle schwebte. Dieser wurde durch Scheinwerfer beleuchtet und wirkte in diesem Augenblick wie ein Vollmond.

 

Fotos: © Seraina Thuma

 

Für die nächsten zwei Lieder waren ebenso viele Gitarrenwechsel angesagt und Mendes bewies, dass er sowohl die elektrische als auch die akustische Gitarre im Schlaf beherrscht. Seine vier Bandmitglieder wurden beleuchtet und es war klar erkennbar, von wem der junge Popstar begleitet wird: zu seiner Rechten und Linken befanden sich Gitarrist und Bassist und im hinteren Bereich standen Drummer und Pianist. Nach gut 35 Minuten wagte sich der Teenieschwarm das erste Mal näher zu seinen Fans, reichte einigen Mädchen vor der Bühne die Hand und performte «Stitches», ohne sich vom ohrenbetäubenden Gekreische beirren zu lassen. Seine Professionalität ist dem Jungen hoch anzurechnen und sein Talent ist überwältigend. Egal, ob hohe Töne oder tiefe Lagen: es gelingt ihm. Seine Natürlichkeit und Bodenständigkeit drückte während dem ganzen Konzert durch und man zweifelte keine Sekunde an dem, was der Singer/Songwriter auf der Bühne erzählte und von sich und seinem Leben Preis gab. 

 

Standing Ovation anstelle Komplett-Bestuhlung

 

Die 9000 Leute im Hallenstadion setzten sich nach dieser Performance wieder – auch der Innenraum war durchgehend bestuhlt - und das Klavier wurde von einem hellen Lichtkegel beleuchtet. Die Klänge, die dann das Hallenstadion erfüllten, waren eher düster und auch Mendes‘ Gesang passte sich entsprechend an. Da verwandelte er seinen sonst eher ruhigeren Song «Bad Reputation» mal schnell in ein rockiges Stück und lieferte mit seinem Gitarristen gleich noch ein Gitarrensolo obendrauf. So schnell, wie die beiden Jungs Gitarre spielten, so schnell sprinteten die Teenies zur zweiten Stage, als nach dem Song die Mainstage im Dunklen verschwand und die B-Stage im hinteren Teil des Stadions in blaues Licht getaucht wurde. Durch den Bühnenboden kam langsam ein Flügel zum Vorschein – jedoch ohne Mendes. Das Popsternchen kam über die Treppe auf die Bühne gelaufen, setzte sich gelassen an den Flügel und coverte «Castle on a Hill» von Ed Sheeran. Die Menge war aus dem Häuschen und es schien niemanden zu interessieren, dass das gesamte Hallenstadion eigentlich bestuhlt war. Auf einem Stuhl standen teils drei Personen auf einmal und hauptsächlich Mädchen kletterten über die Stuhlreihen und versuchten so, noch irgendwie in die Nähe des Kanadiers zu gelangen. 

 

We don’t have to be ordinary

 

Nach dem Cover schlug Mendes andere Tasten an und sang mit viel Gefühl in der Stimme eines seiner ältesten Lieder «Life of the Party». Er unterbrach den Gesang und liess für einige Sekunden die Menge alleine singen, bevor er einige Zeilen später wieder einsetzte. Das Lied handelt vom Anders-sein, vom nicht Hinhören, was andere sagen und das tun, worauf man Lust hat – anders eben, als der Durchschnitt. Mit ebenso viel Gefühl spielte er den letzten Titel auf der kleinen runden Bühne: «Roses». Im ganzen Publikum verteilt tauchten wie aus dem Nichts rot leuchtende Herzluftballons auf – eine Überraschung der Fans für den 18-Jährigen Star. Das Ambiente hätte nicht passender sein können. Wieder liess Mendes seine Schweizer Fans einige Zeilen alleine singen und begleitete nur abschnittsweise mit seinem Klavier. 

 

Zurück auf der Mainstage und nach dem Song «Mercy» bat er das ausverkaufe Hallenstadion, die Handylichter einzuschalten. «Wow, einfach wundervoll. Danke, dass ihr heute hier seid», sagte er, während hinter ihm bereits auf dem Klavier geklimpert wurde. «Never Be Alone» war der zweitletzte Song des Abends, gefolgt von der Zugabe «Treat You Better». Die Besucherinnen und Besuchern gaben nochmals alles und sangen mit dem Kanadier lautstark mit.

 

Ein tosender Applaus, noch lauteres Gekreische, Herzluftballons, Liebeserklärungen auf Plakaten, Standing Ovation – so verabschiedete sich das Publikum von Shawn Mendes. 

 

Shawn Mendes - der Junge mit der Riesenstimme auf seiner ersten Arenatour durch die weite Welt. Zürich war überwältigt. 

 

Rahel Inauen / Mi, 17. Mai 2017